Tobias Gürtler

DAS POSTPSYCHOTISCHE WELTTHEATER ALS UNIVERSELLES GESAMTKUNSTWERK – Ein Manifest

DAS POSTPSYCHOTISCHE WELTTHEATER ALS UNIVERSELLES GESAMTKUNSTWERK

 

„Der Alchimist stirbt in Schmerz und Enttäuschung – der Narr findet einen Schatz in einer Ruine.“ (Saadi von Shiras)
Das Postpsychotische Welttheater als universelles Gesamtkunstwerk ist zunächst eine Behauptung und eine Anmaßung zugleich, weil seine Wirklichkeit für die meisten Menschen noch im Verborgenen liegt. Doch ist die Zeit endlich reif für seine offizielle Verkündigung, damit sein geheimnisvolles Wunder offenbar werde! Stets verkannt, besteht seine besondere Herausforderung des Weiteren darin, nicht eindeutig zuzuordnen zu sein, sondern zwischen allen Stühlen zu sitzen. Das Postpsychotische Welttheater begreift dies jedoch nicht als Makel, sondern als sein größtes Potential, dessen Entfaltung naturgemäß länger dauert als es der Normalsterbliche – also der gewöhnliche Normalopath – von ihm erwarten würde, wenn er es denn überhaupt erahnen könnte.

 

Zwischen der so genannten Art Brut und dem kulturellen Establishment nimmt das Postpsychotische Welttheater eine Sonderstellung ein, die für sich beansprucht, das Leben auf diesem Planeten zu revolutionieren und die üblichen Kategorien von richtig und falsch, professionell und dilettantisch, Insider und Outsider zu sprengen, die immer noch dazu dienen, einerseits vorgefasste Erwartungen zu erfüllen, andererseits Grenzen zu ziehen und damit auszugrenzen.

 

Das Postpsychotische Welttheater als universelles Gesamtkunstwerk wagt deshalb den manchmal nicht ungefährlichen und oft verstörenden Versuch, sich in seinem Irrsinn zu zeigen und diesen dadurch zu transzendieren, weil es in sich eine Kraft spürt, die weit über sich hinauszuwachsen gewillt ist. Es lässt sich daher nicht für das voyeuristische Mitleid gutbürgerlicher Betulichkeit instrumentalisieren, das sich darin erschöpft, im Wahnsinn nur das Fremde, Andere zu sehen und diesen für sich selbst weit von sich zu weisen.

 

Das Postpsychotische Welttheater als universelles Gesamtkunstwerk ist damit die Aufforderung an sich selbst und die Menschheit, den Gegensatz zwischen Wahn und Sinn in der sich stets vertiefenden Einsicht zu überwinden, dass das ganze Universum völlig wahnsinnig ist – wie es schon Robert Crumb durch seine Comicfigur Mr. Natural unwiderlegbar nachgewiesen hat.

 

Sein Antrieb ist in Allem, was es tut und unterlässt, die Sehn-Suche nach der universellen Liebe zum Göttlichen Sein, zu Natur und Kultur und dem Menschen als einem Mysterium, das unergründlich ist und immer bleiben wird. Dafür ist ihm nahezu jedes Mittel recht. Sein Scheitern ist ihm nicht nur Chance, sondern Weg und Ziel zugleich, für das es jederzeit bereit ist, nicht nur sein Leben, sondern auch seine Seele zu opfern – was auch immer die Seele sei… HALLELUJAH!

 

Tobias Gürtler

 

 

 

 

Der schwarze Fürst Liebe

Liebe hat mich des Schlafs beraubt: Das tut Fürst Liebe.
Fürst Liebe pfeift auf „Seele“ oder „Vernunft“.
Ein schwarzer Löwe ist er, hungrig und wild,
Der nur das Herzblut trinkt von Liebenden.
Fürst Liebe packt dich sanft und schleift dich dann
Zur Grube: Stürzt du hinein, schaut er gelassen zu.
Fürst Liebe ist ein Despot, ein herzloser Richter,
Der Unschuldige foltert und missbraucht.
Fall‘ du ihm in die Hände, und du weinst Ströme,
Entflieh‘ ihm, und du gefrierst zu Eis.
In jedem Augenblick zerschlägt er tausend Becher,
Näht hundert Kleider und reißt sie dann in Fetzen.
Zehntausend Augen bringt er zum Weinen,
Und ihn bringt das zum Lachen.
Tausend metzelt er hin, und sie sind ihm einerlei.
Niemand entrinnt seinen Ketten durch List oder Wahnsinn,
Niemand entschlüpft seinen Netzen, wie weise er auch sei.

(Rumi)

 

Zur Veranstaltung auf FB